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Badenia oder das Badische Land und Volk eine Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Landeskunde; II. Jahrgang, 1840; Dr. Josef Bader(Herausgeber) |
Abschrift: G. Boll, A.D. 2010 |
Geschichte
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Es war etwas Leichtes, die Gräuel des Bauernkrieges zusammenzustellen und mit den Farben des Blutes und Todes auszumahlen, um die Seele des Lesers mit Entsezen und Abscheu zu erfüllen. Eine schwerere, aber redlichere Arbeit wäre es gewesen, die Ursachen zu untersuchen, welche die traurige Empörung allmählig herbeigeführt hatten. Hierauf aber nahmen die meisten Geschichtschreiber wenig Rücksicht — sie begnügten sich damit, im Allgemeinen von dem Druke zu reden, worunter das Volk in jenen Jahrhunderten geschmachtet habe. Erst in neuerer Zeit wurde die Sache tiefer untersucht, und es hat sich herausgestellt, daß das Volk bis aufs Aeußerste getrieben war, als es den allgemeinen Schrei um Erleichterung erhob, daß aber die Oberkeiten für diesen Nothschrei kein Gehör hatten und also die Verantwortung aller Folgen, welche ihre tyrannische Härte herbeiführen mußte, auf sich selber luden!
Felssporn mit animierter Burg Allmut.
Die Animation zeigt wie sich die Burg am Felssporn angelehnt haben muss. Oben liegt der Ortsteil Allmut. Genaue Grundriß- und Höhen-Details des Baukörpers sind nicht belegt! Foto: G. Boll Die neuern Schriftsteller haben gezeigt, wie das deutsche Landvolk durch die Einführung des römischen Rechts und die Anmaßungen der Herrschaften und Oberkeiten mehr und mehr um den Rest seiner Freiheiten gebracht worden, wie es unter der wachsenden Last der Verschuldung, der Abgaben und Frondienste beinahe erlag, während der Adel in seiner Verwilderung verheerende Fehden, Raub und Brand über die wehrlosen Hütten brachte, und die Großen, die geistlichen, wie die weltlichen , in einer Pracht und Verschwendung lebten, die alle Begriffe überstieg. Aber so ausführlich diese traurigen Zustände im Allgemeinen auch geschildert werden, sie geben noch immer kein hinreichend deutliches Bild von der jammervollen Lage des Landvolkes, von den hundert und hundert hemmenden und verderblichen Verwiklungen, wohin es durch seine Herren geführt wurde, von den stets wiederkehrenden Chikanen und Gewaltsstreichen, welchen es ausgesezt war, von dem tagtäglichen Druke, worunter es sein müheseliges, freude= und trostloses Leben hinschleppte. Um dieses Gewebe seiner Miserien recht[104/105] anschaulich zu machen, muß man ganz spezielle Beispiele wählen, und durch deren getreue Darstellung den Leser hineinführen in die Gemeinde des Volkes, in die Hütte des Leibeigenen und auf die Burg des gnädigen Herrn; man muß ihn auf das Feld führen, auf die Treibjagd, auf die Waffenzüge, vor die Gerichte, in die Thürme und Blokhäuser — da wird er die Geduld, die christliche Langmuth des Volkes bewundern, und mit dem Sprichworte bekennen, man spannte den Bogen, bis er brechen mußte, das heißt, der endliche Aufstand der deutschen Bauern war ein Schritt der Verzweiflung. In folgender Darstellung werden die Schiksale einer kleinen Herrschaft erzählt, welche ein spezielles Bild gibt von den verwirrten Verhältnissen und dem drükenden Zustande, worin der gemeine Mann während der Periode vom Zerfalle der deutschen Volksfreiheit bis zum Bauernkriege zu leben verdammt war. Es sind nur die Hauptzüge, der Leser aber wird leicht das traurige Gemälde vervollständigen können. Wenn Du auf der Straße, welche aus dem Lenzkircher Thal über den Schönenberg nach Thiengen führt, von Uehlingen nach dem Neuhause wanderst, so liegt Dir rechter Hand eine Thalvertiefung, worin sich die Bergwasser der Metmach und Schwarzach mit der Schlücht vereinigen. Die linke Bergseite senket sich in sanften Flächen, welche weite Kornfelder tragen, bis nahe an die Schlücht, wo eine jähe, mit düsterer Waldung bedekte Halde in die Tiefe stürzt. Jenseits aber erheben sich die Porphyr-Felsen des Berauer Berges, in welche seit uralter Zeit das „Teufelsthor“ eingehauen ist. Wie freundlich und traulich Berau auf seiner kleinen Berginsel liegt, und wie großartig und entzükend die Szene ist, welche sich beim Neuhause dem Blike des Wanderers gegen den Rhein hin, über die Argauer und Thurgauer Berge bis an die hohe Alpenwand eröffnet — eben so beschränkt und düster ist die. Thalschlucht zwischen diesen beiden Punkten. Gegenüber dem Einflusse der Metmach in die Schlücht ruhen die Höfe von Hagnau, dann zwischen Feldern und Wiesen folgen die Almut=Höfe, hierauf nach einer Krümmung des Thales am sanften Abhange liegt das Dorf Aichen, und unter demselben, am Zusammenflusse der Schlücht und Schwarzach, in schauerlicher Tiefe die Wiznauer Mühle. Von da strömt die Schlücht, vorbei die Ruine von Gutenburg, vorbei das freundliche Gurtweil, in die Wutach hervor, und mit ihr in den Rhein.
Nahe dem äußersten Vorsprung des Felssporns.
Blick in das südliche Schlüchttal. Foto: G. Boll Bei den Almuthöfen aber, tief unten an der Schlüchthalde, wo Niemand eine menschliche Wohnung vermuthen sollte, erhebt sich noch die Ruine eines Burgthurmes zwischen den dunkeln Thannbäumen. Es ist der lezte Ueberrest des Schlosses Almut. Ein freier Mann dieser Berge erbaute dasselbe in sehr alten Zeiten, und seine Nachkommen machten es zu einem Lehen[105/106] des landgräflichen Hauses von Lupfen. Die almutische Familie aber erlosch sehr frühe[1], und die Burg mit ihrer Zubehörde erscheint sofort unmittelbar im Besize der Landgrafen, bis Junker Eberhard sie im Jahre dreizehn hundert und zweiundfünfzig an Diethelm von Munolfingen verpfändete[2] Damals gehörte zum Schlosse Almut auch das Dorf Aichheim[3] mit Zwing und Bann, Kirchenlehen und Pfarrsaz. Die Verpfändung geschah auf sechs Jahre und für die Summe von vierhundert zwanzig Mark Silber mit der Bedingung, daß zehn Mark an der Burg verbaut und selbige auf den Pfandschilling geschlagen werden sollen. Herr Diethelm wohnte von dem an zu Almut, und da nach Verfluß jenes Termins die Landgrafen den Wiederkauf unterließen, so vererbte er die Pfandschaft als „rechtes Eigen" auf seinen Sohn Heinrich, welcher Frau Agnes von Heudorf zur Gemahlin hatte. Unter diesem Herrn begann nun die Verwirrung und Zerstükelung der kleinen Herrschaft. Er versezte wiederholt mehrere Vogtsteuern und Gülten aus dem almutischen Pfandschaz an verschiedene Personen, namentlich an Schafhäuser und Waldshuter Bürger[4]. Dies war schon drükend genug für die armen Unterthanen; des Junkers Tod aber häufte auch noch andere Uebel auf sie. Denn Herr Heinrich hinterließ keinen Sohn, sondern blos eine Tochter, die Gemahlin des schafhausischen Patriziers Göz am Stad, welcher sofort als Erbe der Pfandschaft auftrat, während sich der Schwager des Verstorbenen, Junker Hans von Heudorf, listiger oder gewaltsamer Weise in den Besitz der Burg Almut zu sezen wußte. Eine Fehde war also kaum vermeidlich, und es geschah auch, daß Herr Göz[106/107] den Heudorfer gefangen nahm und die Pfandschaft eine Zeit lang behauptete[5]. Wie dieser für die almut’schen Unterthanen sicherlich sehr nachtheilige Handel geendigt habe, ist nicht bekannt, da mit seinem Ausbruche alle Nachrichten über Almut plözlich aufhören. Erst von der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts an beginnen sie wieder, und reichlich genug, aber leider mit einem Manne, welcher noch lange nachher in einem traurigen Andenken des Volkes war, mit Junker Wilhelm von Heudorf. Die heudorfische Familie stammte aus dem Hegau, hatte sich aber in Schafhausen verburgrechtet und sowohl im Klekgau, als auf dem Schwarzwalde reich begütert. In der östreichischen Partei dieser Lande stund sie voran. Seit drei ihrer Sprößlinge bei Sempach gefallen, dürstete sie nichts als Rache gegen die schweizerischen Eidgenossen und haßte Alles, was mit ihnen in freundschaftlicher Beziehung stund. So führten Herr Wilhelm und Herr Pilgerin (ich weiß nicht, Brüder oder Vettern) ein Lehen voller Fehden und Fauststreiche im Interesse ihrer Partei und Familie, jener mehr daheim, dieser in einem größern Kreise am ganzen obern Rheinstrom[6]. Es war ein höchst unruhiges, trotziges, gewaltthätiges Ritterpaar. Eine solche Lebensart kostete viel Geld und bald sahe sich Junker Wilhelm genöthigt, wiederholte Anleihen zu machen, welche großentheils auch den almutischen Pfandschaz anfraßen. An einige Bürger von Waldshut versezte er die Gülten von den Freihöfen zu Almut und die Maiersteuer zu Aichen[7]. Da dieses aber nicht hinreichte und die übrigen Nuzungen schon seit früher verunterpfandet waren, so nöthigte er mehrere Aichener Hintersassen, sich für eine bedeutende Summe, welche ihm zwei Thiengener Juden darliehen, mit ihren eigenen Gütern zu verbürgen[8]. Er nöthigte sie ferner, als Reisige einen Raub- und Brandzug gegen Buchberg mit ihm zu thun. Bei diesem Handstreich ward einer von ihnen erstochen, und die übrigen hatten später ihre gezwungene Teilnahme bitter zu büßen, da der gereizte Feind sie überfiel und „verderbte“[9]. So nahm der gestrenge Junker das arme Volk unaufhörlich in Anspruch, und wenn sich Einer in irgend etwas weigerte, ward er eingezogen, „gestokt und geblokt." Noch lange erzählten die Aichener, wie er einen diese Unglüklichen so lange im Stoke zu Almut behalten, bis derselbe vor Elend[107/108] darin gestorben sey[10]. Aber es half ihm gleichwohl nichts; er gerieth immer tiefer in Schulden, und verlor so sehr allen Kredit, daß man ihm zu Stühlingen einst nicht einmal ein Paar Viertel Haber ohne Bürgschaft anvertraute. Er verlangte nun einen Aichener zum Bürgen, und als derselbe sich dessen entzog, strafte er ihn um eine Summe, welche den Preis des Habers weit übertraf[11]. Es blieb Herrn Wilhelm endlich nichts mehr übrig, als einen Theil der Herrschaft Almut zu verpfänden. Er that dieses im Jahre vierzehnhundert sechs und sechzig mit einem Viertel an die Familie von Reischach, deren Glieder sich damals auf dem Schwarzwalde zu verbreiten anfingen[12]. Aber auch dieses wollte nicht helfen. Der Junker konnte seinen Kapitalgläubigern die Zinsen nicht bezahlen, welche sich dermaßen anhäuften, daß ihn unter Anderm ein Waldshuter Bürger beim Landgericht wiederholt einklagte, nach dessen endlichem Erkenntnisse er die auf zwei Höfen zu Aichen und einem Theile der Burg Almut ruhenden Hypotheken öffentlich ausrufen und verganten ließ[13]. Bei solcher Bedrängniß war es das beste, die verschuldete Herrschaft vollends zu verkaufen. Im Jahre vierzehnhundert drei und siebzig überließ Wilhelm von Heudorf seine noch übrigen drei Viertel derselben an den Junker Dieterich von Rumlang für eine ziemlich geringe Summe[14]. Die almutischen Unterthanen hatten also zwei Pfandherrschaften, die reischachische und die rumlangische. Schon dies allein war ein drükender Umstand wegen der mancherlei Irrungen, welche über den gegenseitigen Besiz= und Gewaltskreis der Pfandherren entstunden. Noch drükender aber war das häufige Wechseln einzelner Pfandstüke von einer Hand in die andere; denn die Junker mußten sich bei jedem Wechsel urkundlich verpflichten, die verpfändeten Gülten und Nutzungen durch ihre Vögte, ihre Knechte und die Bauersame von Aichen den Pfandinhabern alljährlich zu Maien und Herbst bezahlen und überantworten zu lassen nach deren Wohnsitz „für Acht und Bann, für Krieg, Hagel, Wind und Ungewitter, wie für all’ andern Abgang und Eintrag, gänzlich und ohne allen ihren[108/109] Kosten“[15]. Da diese Pfandinhaber an verschiedenen, oft viele Stunden weit entlegenen Orten seßhaft waren, so begreift man leicht, welche Kosten und Beschwerlichkeiten eine solche Gültablieferung für die betreffenden Unterthanen mit sich führen mußte, abgesehen davon, daß der fremde Pfandinhaber auf Misjahre, Kriegs= und Brand=Unglük, welche die Hoffnungen des armen Mannes zerstörten, selten diejenige Rüksicht nahm, wie die eigene angeerbte Herrschaft. Der Herr von Rumlang, welcher die drei Viertheile von Almut an sich gekauft, war östreichischer Landvogt auf dem Wald, und saß damals zu Gutenburg an der Schlücht. Seine Familie rührte aus dem benachbarten Thurgaue her[16]; sie hatte sich bei der schweizerischen Umwälzung über den Rhein flüchten müssen, und theilte also mit der heudorfischen den gleichen Schweizerhaß. Aber auch im Uebrigen war sie derselben ähnlich und die almutischen Unterthanen gewannen wenig bei diesem Herrschaftswechsel; sie blieben, was sie waren, eine Sache, ein Unterpfandsstük, welches man alle Augenblike, bald einem andern Junker, bald einem Bürger, bald einem Juden versetzte. Dabei theilten sich Besitz und Ansprache auch in der Familie selbst wieder; denn nicht nur hatte Dietrich’s Bruder, der Junker Heinrich zu Wülflingen, von den drei Vierteln eines an sich gebracht, sondern der alte Herr verschrieb nun auch ein zweites als Leibgeding seiner Gemahlin, Frau Veroniken von Landenberg, für ihre „Treue, Pflicht und Mitleiden, welche sie ihm in seinen großen und merklichen Krankheiten etwie manig Jahr bewiesen, mit manigerhand Sorgen, Unruhe und Arbeit“[17]. Auf diese Weise erhielt die kleine Herrschaft für die Zukunft nicht weniger als vier verschiedene Pfandherren! Die rumlangische Famlie aber vermochte ihre Antheile nicht zu behaupten, versezte sie daher im Jahre vierzehnhundert achtundsiebzig an Veronika's Bruder, den Junker Gotthard von Landenberg[18], und eine[109/110] lange Zeit verlief, bis sie dieselben wieder einlösen konnte. Bald nach dieser Einlösung verstarb Herr Dietrich, und seine Wittwe trat sofort in das Drittel ihres Leibgedings ein, während Junker Heinrich sich des Uebrigen als Erbe unterzog[19]. Da aber erschien Junker Hans, der Sohn und Erbfolger weiland Herrn Wilhelm’s von Heudorf, löste alle Pfandstüke ab, ersezte den Unterthanen ihre aufgelaufenen Kosten, und erklärte die drei Viertheile der Pfandschaft an seine Familie für heimgefallen[20]. Die Sache gedieh sofort an das stühlingische Landgericht; Junker Heinrich wurde gedrängt sowohl von den Aichenern, als dem von Heudorf[21], und konnte sich nur durch die Bemühungen verwandter Freunde im Besize der Pfandschaft erhalten. Ritter Ulrich von Rumlang und Hans von Pfaffenzell, welchen diese Mishellungen und Spänne „längst zuwider und leid gewesen, in Anbetracht des Herkommens beider Famlien, so mit ganzen hohen Treuen gegen einander gebraucht worden“, bewerkstelligten endlich, nach mehreren vergeblichen Tagen und Zusammenkünften, im Jahre vierzehnhundert sechs und achtzig einen gütlichen Vergleich, um alle „weitere Aufruhr, Kosten, Mühe und Arbeit zu verhindern.“ Junker Heinrich wurde im Besize der Pfandschaft vorerst belassen; die Mannserben der heudorfischen Familie dagegen sollten auf zehn Jahre lang das Recht haben, dieselbe mit einer Summe von vierhundert Gulden wieder einzulösen[22]. Den Frieden sahe man nun hergestellt — aber wie sehr war inzwischen die kleine Herrschaft herabgekommen! Die Burg Almut lag in Trümmern[23], die Einkünfte flossen in die verschiedensten Hände, und die Unterthanen seufzten unter dem Drucke der Verarmung und Verschuldung, da sie von allen Seiten in Anspruch genommen wurden und zur Abwehr ungerechter Forderungen fast unaufhörlich kostspielige Prozesse zu führen gehabt[24]. Die armen Leute waren einer Erholung höchst bedürftig; aber kaum ruhte der Hader zwischen denen von Heudorf und von Rum=[110/111]lang, als zwischen diesen und Herrn Lukas von Reischach ein neuer begann, wobei die almutischen Unterthanen vielfach betheiligt waren. Junker Heinrich hatte es seit langer Zeit unterlassen, dem Reischacher die Gefälle und Nuzungen seines Viertheils zu entrichten, als ihn dieser endlich darum mahnte und gerichtlich belangen ließ. Aber Heinrich war mittellos, er konnte die stark aufgelaufenen Rükstände nicht bezahlen, und es gedieh so weit, daß ihn das Landgericht in die Acht erklärte, eine sechswöchige Anleit auf die Grundstüke und Gebäude der Pfandschaft, so wie auf Pferde, Ochsen, Wagen, Harnische und Baarschaft legte, und den Kläger hierauf in die nuznießliche Gewähr der angelegten Güter sezte[25]. Bevor solches aber zur Exekution kam, traten die Freunde Junker Heinrich’s dazwischen und vermittelten die Sache. Es wurden dem Reischacher, damit er die versessene Nuzung seines Viertels gewinnen möge, die andern drei Viertel auf fünf Jahre überlassen; würde aber der von Heudorf während dieser Zeit in den Stand gesezt, seine Antheile wieder einzulösen, so habe er das Lösegeld zu gemeinen Handen in Waldshut zu hinterlegen, wo es alsdann dergestalt vertheilt werden soll, daß Junker Lux für seine Nuzung entschädigt sey[26]. Diese Thädigung geschah im Jahre vierzehnhundert acht und achtzig, und der von Reischach hielt nun unverweilt die Unterthanen seines Viertels zur Huldigung an, um in Zukunft für die jährlichen Gefälle desto gesicherter zu seyn. Die Aichener indeß waren gewizigt worden, und weigerten sich der Huldigung, bis die gegenseitigen Rechte der Pfandherren bereiniget seyen; denn sie hätten an den von Rumlang, an den von Reischach und an Frau Veronika zu leisten und zu zinsen, wobei es einer oftmals doppelt thun müsse. Hiegegen aber entschied das Landgericht, sie sollen „huldigen zu einem Viertel nach gemeinem Brauch als Hintersaßen und Vogtleute, und Alles ruhig leisten, bis beide Parteien sich vereinigt hätten, welchem Theil ein Jeder von ihnen zugehöre“[27]. Wußte Junker Heinrich nun den fatalen Handel mit dem von Reischach beigelegt, so gerieth er nach wenigen Jahren mit dem Ritter Diet=[111/112]rich von Blumenek und Jakob von Falkenstein in denselben Nothfall. Er schuldigte ihnen, konnte aber nicht bezahlen, wurde daher gerichtlich gedrängt, geächtet und gepfändet. Es war dabei abermals die Anleit auf die Aichener gelegt, und sie sollten nun wieder doppelt zinsen, an die beiden Kläger und an ihre Leibgedingsfrau[28]. Zum Unglück kündigten damals auch die Thiengener Juden jene alte Schuld auf, welche weiland Herr Wilhelm von Heudorf contrahirt, und wofür sich eine Anzahl Aichener als Bürgen und Mitschuldner mit ihren eigenen Gütern verschrieben hatten. Natürlich war da von einer bereitwilligen Rükzahlung keine Rede, ja man wußte nicht einmal, auf wen eigentlich die Schuld übergegangen sey. Die Aichener wurden also von den Juden nach Thiengen in die Leistung gemahnt, dort ließ man sie lange sizen und zehren, während daheim ihr Gewerbe vernachläßiget wurde, was von doppeltem und dreifachem Schaden war[29]. So sahen sich die armen Leute täglich mehr in Anspruch genommen mit Zeit und Geld, und die Sache wollte zu keinem Ende. Da glaubten sie endlich von ihrem Rechte Gebrauch machen zu dürfen. Herr Wilhelm hatte ihren Vätern für jene Bürgschaft das Dorf Aichen mit allen Leuten und Gütern, Zinsen, Renten und Gülten zu einer Sicherheit eingesezt; nachdem ihnen nun während des langen Prozesses „mit Zehrung, Nachreisung und Leistung, mit Briefen, Bothen und Anderm ein merklicher Schaden erwachsen, vermeinten sie, aus der Nutzung des Orts solchen zu erledigen“[30]. Als die Sache aber vor das Landgericht kam, verwikelte sie sich durch die verschiedenen Ansprüche, die ältern und neuern Verschreibungen, Lösungen und Üebertragungen dermaßen, daß kein Absehen war, welcher Ausgang ihr bevorstehe. Dabei wurde von dem rumlangischen Anwalt alles Mögliche gethan, den Handel zu verwirren, sogar eine verdächtige Urkunde produzirt, und als das Gericht zu Gunsten der Bauern entschied, eine ungesezliche Apellation an den Landgrafen Siegmund versucht, welche derselbe jedoch zurükwies[31]. Diesem heillosen Zustande der kleinen Herrschaft machte jezt Junker Lux dadurch ein Ende, daß er von Hans von Heudorf jenes Wieder=[112/113]lösungsrecht erkaufte, welches demselben in dem Vertrage von vierzehnhundert acht und achtzig vorbehalten worden, hierauf die drei Viertheile wirklich einlöste und die rumlangische Wittwe für die Abtretung ihrer Leibgedingsnuzung anderwärts entschädigte[32]. Die lang und vielfach getrennt gewesene Pfandschaft war also endlich bei der reischachischen Familie wieder vereinigt und die Unterthanen mochten sich Glück dazu wünschen, obwohl sie für ihre Kosten und Einbußen zunächst nur schlecht entschädigt worden. Aber leider, die Vereinigung war von gar kurzer Dauer! Denn Junker Lux hatte das Lösegeld in Sankt Blasien aufgenommen und sahe sich bald genöthigt, dem Stifte die eingelösten drei Viertheile an Zahlungsstatt abzutreten[33]. Auf diese Art wurde die Pfandschaft Almut im Jahre vierzehnhundert acht und neunzig sanktblasisch, mit Ausnahme des reischachischen Viertels, welches erst nach zwei Menschenaltern wieder zu den übrigen gediehen ist[34]. Zwischen Sankt Blasien und dem von Reischach kam es aber bald zu mancherlei Irrungen über die gegenseitigen Berechtigungen, und der Unterthan war abermals neuen Chikanen und Beeinträchtigungen ausgesezt. Um diesem Uebelstande für immer zu steuern, schlossen beide Theile einen Vertrag ab, wornach (mit Vorbehalt des Wiederlösungsrechtes der Familie von Heudorf) das Dorf Aichen mit seinen Zubehörden als ein von Almut völlig unabhängiges Eigenthum dem Stifte, der Burgstall dagegen mit den Höfen zu Hagnau und Schluch dem Junker zugetheilt wurde[35]. Die kleine Herrschaft Almut war also innerhalb eines Zeitraumes von kaum fünfzig Jahren, bald als Eigenthum, bald als Pfand- und Afterpfandschaft, durch nicht weniger als sechs verschiedene Hände gegangen, abgesehen von der Menge jener Nebenverpfändungen einzelner Steuern, Zinse und Gülten; sie hatte beinahe eben so viele Prozesse als Herren gehabt und war mehrmals durch feindliche Waffen verwüstet worden. Könnte man sich da noch wundern, wenn der arme, unaufhörlich gedrükte und gehezte Unterthan endlich die Geduld verlor? Was aber hier erzählt wurde, ist nur eine oberflächliche Darstellung aus dem troknen Inhalte der Urkunden; wüßten wir [113/114] erst die Einzelnheiten dieses fünfzigjährigen Kampfes und Leidens, es würde die Haut uns schaudern. Und wie in der Herrschaft Almut, so war es allenthalben[36]. traurige Nachrichten genug hat man darüber zu Tage gefördert, während wohl die größere Menge noch unter dem Staub der Archive ruht. Werfen wir zum Schlusse jezt einen Blik auf die politischen Reform=Versuche während des fünfzehnten und im Anfange des folgenden Jahrhunderts, um zu erkennen, welche Stelle der Bauernkrieg, die endliche Folge der geschilderten Bedrükungen des gemeinen Mannes, in der Geschichte Deutschlands einnimmt. Seit dem Conzilium von Konstanz war das Ringen nach Reform, sowohl nach einer politischen als kirchlichen, in Deutschland allgemein. Schon unter Friedrich dem Dritten drang der Ruf nach Aufhebung des Faustrechts, nach Verbesserung der Gerichte und Erleichterung des Landmannes, der Ruf nach Reinigung der Geistlichkeit und Abwerfung des römischen Jochs durch alle Stände der Nation. Einige patriotische Fürsten halten sich der Reform angenommen, und es war nahe daran, daß sie zur That gedieh — da zog jener diplomatische Aeneas Sylvius den Kaiser in seine Schlingen und der schwache Mann verkaufte sich dem Pabst! Alle fremden Anmaßungen und Eingriffe, alle einheimischen Uebel und Misbräuche verfolgten nun ihren Gang. Der Pabst herrschte fast unumschränkt, die Geistlichkeit überließ sich sorglos ihrer Ueppigkeit, die Fürsten machten sich selbständig, der Adel trieb ungestraft seine Fehden und Weglägerei, die Städte verschanzten sich hinter Mauern und Bündnisse — das Landvolk aber, schuz= und hilflos, sank täglich tiefer in Knechtschaft und Armuth! Da bestieg Max der Erste den deutschen Thron. Er war jung, unverdorben, geistvoll, thatkräftig, und schien vom besten Willen beseelt. Aller Augen blikten auf ihn — man erwartete in dem neuen Kaiser vertrauungsvoll den Wiederhersteller Deutschlands. Doch leider, man betrog sich. Max beförderte Kunst und Wissenschaft und suchte gegen das Ausland zu imponiren, im Innern, für die Regenerirung der Verfassung, für das Wohl der Nation, für die Stärke des Reiches hat er in Wahrheit wenig gethan, wie Vieles und Großes man ihm auch zuschreiben mag. Gelang es ja kaum[114/115] den Bemühungen der Stände, den Landfrieden herzustellen und das Kammergericht zu gründen. Der Kaiser wollte immer nur Geld und Truppen— und seine Erblande, die Macht, der Glanz seines Hauses giengen ihm (ächt östreichisch) über Alles! Als er starb, herrschte eine Zerrissenheit im Reich, eine Gährung, eine Schwankung und Unbestimmtheit, die mit keinen Worten zu bezeichnen ist. So viele Klagen waren erschollen, so viele Fragen aufgeworfen, so viele Kräfte rege geworden, und nach aller langen und mühevollen Arbeit fand sich Niemand befriedigt. Mit erneuter Zuversicht wandte man sich daher an den neuen Kaiser, von dessen Regententugenden eine große Meinung herrschte. Aber Karl der Fünfte entsprach den Erwartungen der Nation noch weniger, als Maximilian. Er war in Deutschland gleichsam ein Fremdling, hatte eine ganz andere Bildung und Gesinnung, als die ein deutscher König haben sollte, und ging mit Planen um, welche sich mit einer getreuen Obsorge für das Reich nicht vertrugen. Unter diesem mächtigen, weltberühmten Kaiser füllte sich in Deutschland das Maß des Uebels voll und kam zum Ausbruch. So hatte also die große Frage der Nation keine Lösung gefunden, die Krankheit des Reiches keine Heilung, keine Linderung erlangt; die National=Hoffnung war am Kaiser, und an den Fürsten gescheitert, sie warf sich jezt auf den Adel und die Städte. Da fand sich ein jugendliches Heldenpaar, Franz von Sikingen und Ulrich von Hutten. Diese stellten sich an die Spize der Bewegung; sie waren voll Zuversicht, sie hatten zahlreiche Freunde und Gönner, sie führten mit gleicher Kraft die Feder und das Schwert[37]. Aber der Himmel gönnte auch ihnen den Ruhm nicht, die Retter des Vaterlandes zu seyn; Sikingen, hart belagert, starb an einer Wunde, Hutten, verlassen und vertrieben, an einer Seuche, und ihr kurzes Werk zerfiel. Jezt, nachdem die große Sache der Nationalreform am Kaiser und an den Fürsten, am Adel und an den Städten gescheitert, sollte derjenige Stand ihr Träger werden, welcher die erste Stimme für sie erhoben und ihrer Wohlthat zumeist bedurfte, das gemeine Volk. Noch waren die Leichname Huttens und Sikingens nicht verwest, als der Bauer sich allenthal=[115/116]ben in Deutschland erhob und Erleichterung forderte oder das Joch seiner Knechtschaft abzuwerfen drohte. Ein geordneter Bundschuh hätte es durchsezen können, daß die angemaßte Gewalt der Fürsten, das Feudalwesen des Adels mit dem Faustrecht und der Leibeigenschaft, daß die Klöster und päbstliche Tyrannei aufgehoben, daß das Reich nach den einfachen Grundsäzen seiner Urverfassung wiedergeboren, daß eine Magna Karta gegeben und unter der Majestät des Kaisers ein Ober- und Unterhaus gegründet worden wäre. Aber kein Held erhob sich, um der bewegten Masse eine Seele einzuhauchen, sie zu lenken und sie zum Ziele zu führen. Der Mann der Zeit, der Mönch zu Wittenberg, welcher es unternommen, den höchsten Thron der Welt, den päbstlichen Stuhl, zu stürzen — dieser Mann trat mit der ganzen Kraft seiner Donnerstimme gegen die Bauern auf. Da ward ihre Sache verlassen, Fürsten und Adel rüsteten sich, warfen die vereinzelten Haufen nieder und nahmen eine grausame Rache an den Besiegten[38]. Der Druk der Leibeigenschaft wurde von dem an härter, als je. Dies ist das Ende des Drama's der politischen Reform, welches seit Friedrich dem Dritten in Deutschland gespielt hatte. Die kirchliche nahm einen glüklicheren Gang — aber sie trennte Deutschland in zwei unversöhnliche Hälften; es erfolgte die Verwüstung eines dreißigjährigen Kriegs, die Demüthigung eines westphälischen Friedens, die Schmach französischer Invasionen und endlich der Sturz des Reiches![116/-] |
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[114/115] Seitenzahlen im Originaldruck
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[1] | Wülberz in seiner Abhandlung vom albgauischen Adel über die almutische Familie berichtet. In einer Urkunde bei Neugart (cod. II, 81) von 1150 steht unter den Zeugen neben mehreren Freien (Dynasten) aus der Nachbarschaft, auch ein „Bertoldus de Almuot“. Eine weitere Spur ist nicht vorhanden. Daß die Burg schon am Schlusse des 13ten Jahrhunderts in Handen des landgräflichen Hauses war, beweist eine Urkunde des straßburgischen Domherrn Heinrich von Lupfen, welche er mit den Worten schließt: „Datum in castro meo Almuot, anno MCCXCVII“. | |
[2] | Pfandkaufs=Bekenntniß von 1352. Abt Caspar im lib. orig. 373. | |
[3] | Urkundlich Aichain, später in Aichen zusammengezogen. | |
[4] | Pfandbriefe von 1384, 1402 und 1408. | |
[5] | Zeugen=Aussage vor dem Gericht zu Berau von 1488. | |
[6] | Rüeger’s Beschreib. von Schaffhausen, Handschr. S. 345. | |
[7] | Beschreibungen von 1452 und 1454. | |
[8] | Vrgl. Unten Note 30. | |
[9] | Vrgl. Oben die Note 5. | |
[10] | Zeugen-Aussage vor dem Gerichte zu Gurtweil von 1488, aus gleicher Ursache wie die obige erhoben, um nämlich darzuthun, daß Dorf und Gemeinde Aichen von Alters her zur Burg Almut gehört haben. Man erkennt auch hieraus die völlige Verwirrung der Verhältnisse wieder. | |
[11] | Vrgl. oben Note 5. | |
[12] | Rüeger und Kaspar a.d.a.O. | |
[13] | Urthel des Landgerichts von 1470. | |
[14] | Urkunde von 1473. Kaspar a.a.O. | |
[15] | Laut der oben Note 7 citirten Urkunde von 1454. | |
[16] | Ein „Heberhard de Rumelanc“ erscheint in einer Urkunde von 1149 bei Neugart (cod. II, 80); das Dorf Rumlang aber liegt am linken Ufer der Glatt. Wülberz sagt: „Ex Helvetia oriundi dynastae de Rumlang post interitum dominorum de Gutenburg et de Krenkingen dominum suum longe lateque his in terris diffundebant.“ | |
[17] | Bekenntnis Junk. Heinrich’s von Ruml. zu Wülflingen von 1487. | |
[18] | Pfandkaufbrief von 1479. Die Verpfändung geschah mit Consens Johann’s von Heudorf, welcher dem Landenberger zugleich auch die Vollmacht ertheilt, alles früher von Almut und Aichen Verpfändete wieder einzulösen und als rechte Pfandschaft zu handhaben, wofür er 20fl. baar geliehen erhielt. Man sieht überall die Geldnoth der Junker. | |
[19] | Eine Urkunde von 1486 und das oben Note 17 zitirte Bekenntniß von 1487. | |
[20] | Urkunde von 1486. | |
[21] | Landgerichtsurtheile von 1486. | |
[22] | Tädigungsbrief von Donnerst. nach Magdal. 1486. | |
[23] | Ueber das Nähere ihrer Zerstörung weiß man nichts; aber von damals an erscheint sie als bloser „Burgstall“, d h. castrum dirutum. | |
[24] | Schon damals hatte man bei den Gerichten angefangen, die Prozesse in die Länge zu ziehen, um die Parteien zu „schröpfen“. Die UrtheI. selbst blose Zitationen und dergl., wurden immer noch auf Pergament geschrieben, was dann theuer genug bezahlt werden mußte; auch verstanden es die Schreiber schon vortrefflich, durch stete Wiederholungen ihre Zeilen zu vermehren. | |
[25] | Vier Urtheile des Landgerichts von 1487 und 1488. Die Anleit war die immissio ex primo decreto. Es wurde dem Kläger erlaubt, sich in den Besitz der schuldnerischen Güter zu setzen, erfolgte dann innerhalb gewissen Termins vom Beklagten (Ächter) keine Befriedigung, so ertheilte das landgericht dem Kläger die immissio ex secundo decreto, den wirklichen Besitz, d. h. es sezte ihn in „nüzliche Gewähr“ bonorum debitoris. | |
[26] | Tädigungsbrief vom Dienst. nach Micheli 1488. | |
[27] | Urthel des Landgerichts von 1488. | |
[28] | Zwei Urthelbriefe des Hofgerichts zu Rotweil von 1491. | |
[29] | Vrgl. unten die Note, Die betheiligten Aichener hießen Weinmann, Berger, Maier, Nagel. Die „Leistung“ (obstagium) stammte aus der ältesten Zeit her, und verpflichtete die Bürgen eines Schuldners, in casu non factae solutionis, auf Mahnung des Gläubigers so lange an einem bestimmten Ort im öffentlichen, Wirthshaus zu zehren, bis die Schuld entrichtet war. | |
[30] | Landgerichtlicher Urthelbrief von 1495. | |
[31] | Drei fernere Urthelbriefe des Landgerichts von 1495 und 1496, | |
[32] | Vollmachts=, Uebergabs= und Verzichturkunden von 1496 und 1497. | |
[33] | Hierüber ist keine Urkunde vorhanden, aber man muß es nach den übrigen Nachrichten und Umständen nothwendig annehmen. Vrgl. Abt Caspar a, a. O. | |
[34] | Kaufbrief von 1587. Almut heißt auch hier ein „Burgstall, das nu lange Zeit her unerbauen und nit bewohnt ist.“ | |
[35] | Vertrag zwischen Abt Georg von St, Blasien und Herrn Lukas von Reischach Landvogt zu Fürstenberg, von 1501. | |
[36] | So hatten hier die hauensteinischen Bauern seit Jahrhunderten her unaufhörlich Klage zu führen gehabt über Eingriffe St. Blasiens in ihre Güter und Rechte, während dort die stühlingischen allen Plagen einer tyrannischen Willkührherrschaft ausgesezt waren; an den Werktagen mußten sie bei gutem Wetter frohnen, für ihre eigene Arbeit ließ man ihnen das schlechte; an Sonn= und Feiertagen aber nöthigte man sie, Garn zu winden, Schneken zu suchen, Erbbeeren, Kirschen und Schlehen zu gewinnen. | |
[37] | In Huttens großer Seele lebte die ganze Reformations=Idee der damaligen Zeit. Er wollte eine zugleich kirchliche und politische Wiedergeburt Deutschlands und arbeitete mit der vollen Energie eines reinen, begeisterten Patrioten für die Sache des Fortschritts, anfangs im Vertrauen auf den Kaiser und die Fürsten, nach einer traurigen Enttäuschung aber mit Sikingen an der Spize des Adels, und zulezt, nach neuer Enttäuschung, mit sichtbarer Hinneigung zum Volk — da raubte ihn der Tod, kurz vor dem Ausbruche des Bauernkriegs! | |
[38] | Der schwäbische Bund gab den Bauern den Todesstoß; da wurde dann gebrandschazt, gefangen, gemartert, geblendet, verstümmelt, verbrannt und geköpft nach Herzenslust. Der deutsch Truchseß von Waldburg ging dem spanischen Alba voraus. |